Vor fünf Jahren organisierte ein Leipziger Student in seiner 3-Zimmer-WG eine Aufführung zweier Kantaten des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach und stellte sie danach via Youtube ins Internet. Der Filmmitschnitt hat bis heute sagenhafte 250.000 Zugriffe erlebt und berührt – wie viele Kommentare zeigen – in seiner großen Authentizität. Bachs Weihnachtsoratorium, so lehrt es schon dieses Beispiel, muss nicht zwingend mit Frack im Konzertsaal oder unterm glänzenden Christbaum einer gotischen Hallenkirche musiziert werden.
Das Ensemble Resonanz hat nun eine ebenso hochprofessionelle wie individuelle Wohnzimmerfassung des Weihnachtsoratoriums auf CD veröffentlicht. Hervorgegangen ist diese Produktion aus der Erfahrung verschiedener Aufführungen in den vergangenen Jahren, bei denen das Ensemble mit Besetzungen und Arrangements experimentiert hat.
Eingespielt haben die Musiker von Resonanz weder das komplette Werk noch eine Kantatenauswahl, sondern 30 der 64 musikalischen Sätze ganz nach ihrer persönlichen Vorliebe. Sämtliche Vokalpartien werden von vier Solisten übernommen, das Orchester beschränkt sich auf zwölf Instrumentalisten, darunter neun Streicher und ein Trompeter sowie zwei (für Bach) ungewöhnliche Ensemblemitglieder: Johannes Öllinger spielt Gitarre und E-Gitarre; Michael Petermann ist an vintage keyboards zu hören, also an historischen elektronischen Instrumenten wie dem legendären Hammond Model A oder einem Hohner Clavinet.
Zugegeben, wenn man die Originalfassung Bachs im Ohr hat, muss man sich erst eine Weile in die Klangwelt der Renonanz-Musiker hineinhören: Keine Flöten, Oboen und Pauken spielen mit, dafür setzen die vintage keyboards immer wieder sehr deutliche Akzente. Doch dann ergeben sich doch sehr schöne neue Höreindrücke: Wenn etwa die Gitarre die Rezitative begleitet, wenn die Hirtensinfonia als träumerisches Duett von vintage keyboards und gestopfter Trompete zu hören ist oder wenn der „große Herr“ und „starke König“ in der gleichnamigen Bassarie ordentlich mit elektronischen Sounds grundiert wird.
Der positive Gesamteindruck dieser Kammerfassung des Weihnachtsoratoriums resultiert aus der hohen musikalischen Qualität, aber auch aus der Tatsache, dass die Mitwirkenden ihre Version nicht überfrachten. Der Respekt vor dem Original ist immer zu vernehmen.
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