Es gibt eine kleine Gruppe von Komponisten, die nicht nur schillernde Künstler, sondern auch zwielichtige Persönlichkeiten waren. Dazu gehört in jedem Falle der französische Geiger Jean-Marie Leclair: Er hat sein Publikum mit enormer Virtuosität begeistert und bedeutende Sammlungen mit Instrumentalmusik veröffentlicht, war aber auch in heftige Intrigen sowie zweifelhafte Geschäfte verwickelt und wurde schließlich selbst Opfer eines Mordanschlags. Mit seinen Violinwerken hat er freilich Maßstäbe für die barocke Streicherliteratur gesetzt.
Johannes Pramsohler hat mit seinem Ensemble Diderot in den vergangenen Jahren bereits eine ganze Reihe bemerkenswerter Veröffentlichungen vorgelegt und dabei besonders die Gattung Triosonate unter die Lupe genommen. Mit der Sammlung op. 4 von Jean-Marie Leclair widmen sich die Musiker nun einem weiteren Glanzpunkt dieser Kammermusik-Besetzung. Leclair vereint in den um 1730 publizierten sechs Sonaten italienische und französische Stilmerkmale, präsentiert ausgefeilte Fugen, elegante Tanzmodelle und anrührende Melodiebögen.
Der Neuaufnahme des Ensembles Diderot ist die lange und intensive Beschäftigung mit dieser Musik deutlich anzuhören. Das Zusammenspiel der vier Musiker ist perfekt, die Stücke sind bis in die kleinste Verzierung sorgfältig durchgearbeitet. Besonders beeindruckend ist die Homogenität der beiden Violinstimmen (Johannes Pramsohler und Roldán Bernabé): Spielduktus und Klangausdruck (natürlich auch Intonationssicherheit) sind absolut gleichwertig (wie von einer Person mit derselben Geige in zwei Spuren aufgenommen). An Spannung und Farben hätten die Sonaten noch gewinnen können, wenn der Continuo mit einem reicheren Instrumentarium besetzt worden wäre. Gulrim Choï (Violoncello) und Philippe Grisvard (Cembalo) fügen sich zwar in das Zusammenspiel perfekt ein, ein Wechsel zur Orgel oder aber die Ergänzung einer Theorbe wären noch eine weitere Aufwertung gewesen.
Keine bevorstehenden Termine