Der Bariton Matthias Goerne ist einer der führenden Liedinterpreten der Gegenwart, das hat er mit seiner umfangreichen Schubert-Edition, aber auch mit Einspielungen von Schumann-, Brahms- und Wolf-Liedern und natürlich bei vielen Liederabenden bewiesen. Außerdem ist er auf der Opernbühne zu hören, zuletzt als Wozzeck in Salzburg, demnächst als Wotan in Hamburg. Passt in diese Reihe die Darbietung zweier Solo-Kantaten von Johann Sebastian Bach, begleitet auch noch vom einem Spezialensemble, dem Freiburger Barockorchester?
Matthias Goerne macht hierbei intuitiv vieles anders als diejenigen unter seinen Sängerkollegen, die sich fast ausschließlich mit Musik des 17. und 18. Jahrhunderts befassen (z.B. Peter Harvey, Peter Kooij oder Klaus Mertens): Die Stimme ist weder schlank noch vibratolos, die Textverständlichkeit hält sich in Grenzen, manche Koloraturen (etwa in der Arie "Endlich, endlich will mein Joch" der "Kreuzstab-Kantate") verwischen regelrecht. Das ist man auf dem Gebiet der historischen Aufführungspraxis in den letzten beiden Jahrzehnten nicht gewöhnt. Und doch gelingt es Matthias Goerne an vielen Stellen der beiden so bekannten wie viel eingespielten Kantaten, den Hörer auf unnachahmliche Art zu packen.
Wie seine Stimme etwa in den beiden Eingangsarien ("Ich will den Kreuzstab gerne tragen" und "Ich habe genug") und ganz besonders in der Arie "Schlummert ein, ihr matten Augen" voller Wärme dahinströmt, ist enorm berührend. Matthias Goerne verleugnet also nicht sein immer heldischer werdendes Baritonfach, sondern nutzt es hier mit einer unglaublichen Präsenz zur Verdeutlichung der „Ich-Bezogenheit“ dieser beiden Kantaten. Da werden ihm sicher auch eingefleischte Barockfans das Vibrato verzeihen...
Das Freiburger Barockorchester ist dazu ein idealer Partner, haben doch diese Musiker auch große Erfahrung in der Darbietung klassischer und romantischer Musik. So offenbart das Orchester zwar eine große Transparenz, besitzt aber auch als Grundierung zu Goernes Stimme einen wunderbar samtigen Streicherklang.
Keineswegs unter den Tisch fallen darf die außergewöhnliche Leistung von Katharina Arfken als Oboistin. Sie spielt nicht nur bravourös ein Solokonzert, sondern ist mit den Oboen Partien in den Kantaten dem Sänger völlig gleichberechtigt.
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