
Es war ein quälend langwieriges Auswahlverfahren: Geschlagene zwölf Monate vergingen nach dem Tod des Leipziger Thomaskantors Johann Kuhnau im Juni 1722, bis das Ratskollegium mit Johann Sebastian Bach einen Nachfolger ernannt hatte. Gleich drei prominente Absagen – vom Favoriten Georg Philipp Telemann sowie den Bewerbern Johann Friedrich Fasch und Christoph Graupner – hatte es gegeben, nachdem sich die Kandidaten jeweils in Probegottesdiensten vorgestellt und den Zuschlag erhalten hatten. Als Bach dann schließlich im Mai 1723 übrigblieb, unkte ein neunmalkluger Stadtrat, wenn man die Spitzenkräfte nicht bekäme, müsse man sich eben mit Mittelmaß begnügen.
Das Capricornus Consort Basel, seit vielen Jahren ein Spitzenensemble der Alten Musik, macht auf seiner neuesten CD den Wettbewerb zwischen den vier Kandidaten hörbar, freilich nicht mit Kirchenkantaten, sondern mit Instrumentalmusik, die im Auswahlverfahren von 1722/23 keine Rolle spielte. Dennoch ist es ein höchst interessanter und aufschlussreicher Vergleich: Die vier Komponisten bewegen sich absolut auf Augenhöhe und punkten jeweils mit individuellen Qualitäten – Telemann etwa mit seinem innovativen Quartettgedanken oder Bach mit der konzertanten Auffassung des Cembalos.
Möglich ist diese Erkenntnis allerdings nur durch die exzellente Interpretation des Capricornus Consorts. Mit konsequent solistischen Besetzung erreicht dieses Ensemble einen ganz spezifischen Klang, der immer wieder in feinen Schattierungen zwischen einem kammermusikalischen und einem orchestralen Charakter changiert. Stefan Temmingh krönt diesen traumhaften Streicherklang mit virtuoser und kraftvoller Flötenkunst. Beeindruckender Fakt am Rande: Im Bach-Konzert, für das zwei Blockflöten benötigt werden, übernimmt Cembalistin Wiebke Weidanz den zweiten Flötenpart.
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