Johann Georg Künstel hat es heute nicht leicht, die großen Musiklexika schweigen sich über ihn aus, selbst Wikipedia kennt ihn nicht. Gut, dass da auf die alten Lexikographen Verlass ist: Johann Gottfried Walther erwähnt den Komponisten 1732 in seinem Lexikon und schreibt, dass Künstel aus Weißenfels stammt, dann zunächst in Ansbach und schließlich am Hof von Coburg tätig war. Überliefert sind nur sehr wenige Werke von ihm, darunter aber eine Markuspassion, die in den 90er Jahren des 17. Jahrhunderts entstanden ist.
Bis vor kurzem war von Künstels Markuspassion nur der Text bekannt, dann hat sich aber doch in Privatbesitz eine Partitur gefunden, aus der eine Neuedition erstellt werden konnte. Es handelt sich um ein umfangreiches Werk, das aus knapp 100 meist sehr kurzen Sätzen besteht. In der Art einer oratorischen Passion wird das Bibelwort vom Evangelisten und den handelnden Personen original zitiert, während Choräle, Strophenarien und Chöre das Geschehen kommentieren und reflektieren. Insgesamt dominieren in dem Werk die schlichten, ruhigen Töne, was dem tiefen Ausdruck aber keinen Abbruch tut. Für das Passions-Repertoire ist Künstels Komposition eine große Bereicherung.
Das Ensemble Polyharmonique hat sich für die Einspielung der Markuspassion vokal verstärkt und Mitglieder des Barockorchesters L’arpa festante hinzugezogen. Durchweg gelingt eine sehr überzeugende und packende Interpretation, in der alle elf Sängerinnen und Sänger sowohl als Solisten agieren als auch den Chor bilden. Dieser Spagat gelingt hervorragend, in den vielen Chorälen etwa ist ein absolut homogenes Ensemble zu hören. Maßgeblichen Anteil am Gelingen hat Hans Jörg Mammel als Evangelist: Obgleich die Partie häufig ähnliche melodische Wendungen aufweist, sorgt er mit klarer Stimme, Aussprache und Gestaltung für große Abwechslung. Aber auch die vielen Strophenarien, -duette und -terzette werden auf hohem stimmlichen Niveau vorgetragen und von den L’arpa festante-Streichern sehr geschmackvoll begleitet.
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