Johann Theile - Matthäuspassion

Eine lohnende Passions-Alternative von Johann Theile mit Weser-Renaissance

Der Organist, Kapellmeister und Komponist Johann Theile ist heute fast nur in Spezialistenkreisen bekannt, obgleich er im ausgehenden 17. Jahrhundert prominente Positionen innehatte. Als Schüler von Heinrich Schütz wirkte er unter anderem in Gottorf, Lübeck, Wolfenbüttel, Merseburg und Naumburg; zudem war er mit seinen Bühnenwerken maßgeblich an der Etablierung des ersten deutschen Opernhauses am Hamburger Gänsemarkt beteiligt.

Im Jahre 1673 veröffentlichte Johann Theile in Lübeck seine Matthäus-Passion. Es handelt sich dabei um ein sehr beeindruckendes Stück, das Tradition und neuartige Elemente miteinander verbindet. Das Grundgerüst besteht aus dem deutschsprachigen Bibeltext, der in Rezitativen und Chören dargeboten wird. Anders als sein Lehrer Schütz bezieht Theile darüber hinaus aber auch einige betrachtende, zeitgenössische Texte ein, die er mit schlichten, liedhaften Sätzen vertont. Hinzu kommt eine durchgehende instrumentale Begleitung mit einem vierstimmigen Streicherchor (Violinen und Gamben) sowie Basso continuo. Durch die Publikation von 1673 erlangte das Stück hohe Popularität im gesamten norddeutschen Raum – heute dagegen kann man es (trotz einer bereits 1904 erstmals gedruckten Neuausgabe) nur sehr selten hören.

Dem Ensemble Weser-Renaissance unter Leitung von Manfred Cordes gelingt eine konzentrierte und eindrucksvolle Aufnahme von Theiles Passion. Geradezu beglückend wirkt von Beginn an der warme Ton der Streicher. Unter den Vokalsolisten ragt Hans-Jörg Mammel hervor, der als Evangelist mit der gebotenen Dramatik agiert, gleichzeitig aber auch nicht die Schlichtheit des Werkes aus den Augen verliert. Auch die anderen Sänger*innen verinnerlichen in ihren Soli den Charakter der Stückes sehr wirkungsvoll und bilden zudem einen sehr beweglichen und homogenen Chor. – Lässt man sich ein auf die spezielle Farbe dieser Musik, dann ist diese rund einstündige Passionsvertonung von Johann Theile eine echte Alternative im Passionsrepertoire, zumal in einer solch exquisiten Interpretation.