Man kann in Barockopern schnell einmal gendermäßig durcheinanderkommen: Da verkörpert eine Frau auf der Bühne eine Männerrolle oder ein Mann eine als Mann verkleidete Frau und plötzlich singen zwei Männer oder auch zwei Frauen ein Liebesduett. Solche Konstellationen sind bei Händel, Galuppi, Vivaldi & Co. häufig anzutreffen, der Hauptgrund dafür die Vorliebe der Komponisten, ihre Opernhelden (gleichgültig welchen Geschlechts) mit hohen Partien zu besetzen, die dann wahlweise von (weiblichen) Primadonnen oder (männlichen) Kastraten gesungen wurden. Die Lautten Compagney Berlin hat aus diesem barocken Geschlechter-Wirrwar ein abwechslungsreiches CD-Programm entwickelt.
Diese Programmzusammenstellung ist außerordentlich gründlich recherchiert worden. So sind Auszüge allein aus fünf verschiedenen "Siroe"-Versionen zu hören (Händel, Galuppi, Hasse, Wagenseil und Traetta), eine Oper, die das Genderthema besonders verinnerlicht, denn die Prinzessin Emira verliebt sich ausgerechnet in Männerkleidung in den Helden Siroe. Hinzu kommen Arien aus "Serse" von Händel (hier ist es auch eine Prinzessin in Männerkleidung, die sich an König Xerxes heranmacht, der wiederum von einer Frau gesungen werden kann) oder aus dem "Orlando furioso" von Vivaldi (deren Titelpartie eine typische "Hosenrolle" ist). – Geachtet wurde bei der Auswahl der Arien aber nicht nur auf diesen thematischen Aspekt, sondern immer auch auf die musikalische Qualität, so dass sich auf der CD ein großes Spektrum mitreißender und bewegender barocker Opernmusik findet.
Was aber wäre ein noch so kluges Opernprogramm ohne überzeugende Sänger? Mit der Mezzosopranistin Vivica Genaux und dem Countertenor Lawrence Zazzo stehen für die "Baroque Gender Stories" zwei ideale vokale Protagonisten zur Verfügung. Es kommt dem Konzept der CD entgegen, dass sich ihre Stimmen hinsichtlich Ambitus, Timbre und Strahlkraft gar nicht so stark unterscheiden. Vivica Genauxs Mezzo besitzt gerade in der Tiefe enorme Kraft und Kontur, während Lawrence Zazzo auch in der Sopranlage absolut sicher und überzeugend klingt. Beide Sänger brillieren gleichermaßen perfekt bei schnellen Koloraturen und ähnlichen vokalen Klippen. Und in manchem Duett muss man wirklich zweimal hinhören, um mitzubekommen, wem nun welche Stimme gehört. Die Lautten Compagney in großer Besetzung unter Leitung von Wolfgang Katschner erweist sich mit Perfektion, Genauigkeit und großem Ausdrucksspektrum als perfektes Begleitorchester.
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