Am 31. Oktober wird allerorten an den 500. Jahrestag der Reformation gedacht. Auch wenn Martin Luther mit hoher Wahrscheinlichkeit seine 95 Thesen nicht theatralisch an die Schlosskirchentür in Wittenberg genagelt hat, sondern sie stattdessen an seine Vorgesetzten geschickt hat, gilt der 31. Oktober 1517 als entscheidender Tag, an dem diese gewaltige Erneuerungsbewegung ausgelöst wurde.
Die Musik besaß für den Reformator Martin Luther eine überragende Bedeutung. Sowohl in seinen theologischen Schriften als auch mit konkreten Dichtungen und Kompositionen wirkte er äußerst anregend auf die gottesdienstliche Musik seiner Zeit und hinterließ Spuren, die bis in die heutige Zeit reichen.
Im Jahre 1530, also ein reichliches Jahrzehnt nach der Auslösung der Reformation, formulierte Luther eine Definition seiner ganz persönlichen Musikanschauung. Darin heißt es: „Ich liebe die Musik. Denn sie ist ein Geschenk Gottes und nicht der Menschen, sie macht das Gemüt froh, sie verjagt den Teufel, sie bereitet unschuldige Freude. Darüber vergehen Zorn, Begierden, Hochmut. Den ersten Platz nach der Theologie gebe ich der Musik. Das lässt sich ersehen aus dem Beispiel Davids und aller Propheten, die alles, was sie zu sagen hatten, in Metren und Gesängen ausdrückten.“
Und Bezug nehmend auf den mittelalterlichen Fächerkanon (der neben Musik auch noch Arithmetik, Geometrie und Astronomie beinhaltete) fügte er hinzu: „Tatsache ist auch, dass sich die Propheten keiner Kunst so bedient haben wie der Kunst der Musik: Sie haben ihre Theologie weder in Geometrie noch in der Arithmetik noch in der Astronomie ausgedrückt, sondern Theologie und Tonkunst aufs engste miteinander verbunden und die Wahrheit in Psalmen und Liedern verkündet.“
Diese Musikanschauung fußt auf antikem und frühchristlichem Gedankengut, wobei sich Luther besonders auf die Theologie des Augustinus (354–430) berief. Dieser enge Bezug überrascht nicht, war doch Luther als junger Mann 1505 in den Orden der Augustiner-Eremiten eingetreten. Bereits zuvor hatte er an der Mansfelder Stadtschule und der Magdeburger Domschule eine solide Ausbildung erhalten, zu der auch intensiver Musikunterricht gehörte.
Diese in Kindheit und Jugend erworbenen Fähigkeiten brachten Luther in seiner späteren theologischen Laufbahn dazu, sich kompetend urteilend über Musik zu äußern und selbst musikalische Werke hervorzubringen. Obgleich Luther das Spiel der Instrumente sehr schätzte, blieb für ihn die menschliche Stimme das vollkommenste Musikinstrument: „Im Vergleich mit der menschlichen Stimme ist alles andere beinahe unmusikalisch.“ Er selbst verfasste Texte und teilweise auch Melodien für mehr als 30 deutsche Kirchenlieder, die ab 1523 in verschiedenen Gesangbüchern veröffentlicht wurden und oftmals bis heute zum liturgischen Repertoire gehören. Allein rund 20 Choräle erschienen 1524 im Erstdruck des „Wittenberger Gesangbuches“, darunter so bekannte Lieder wie „Christ lag in Todesbanden“, „Nun komm, der Heiden Heiland“ oder „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“. Als Grundlage seiner Dichtungen dienten Martin Luther überwiegend Psalmen, Cantica und liturgische Texte in lateinischer Sprache, die er auf hohem poetischen Niveau ins Deutsche übertrug.
Mit seinen Chorälen begründete Martin Luther eine beispiellose kirchenmusikalische Erfolgsgeschichte: Unzählige Komponisten der folgenden Epochen fertigten Sätze, Bearbeitungen oder Neufassungen der Luther-Texte an. Bekannt für seine starke Sprache, bemerkte er nach einer Aufführung von mehrstimmigen Motetten im Dezember 1538:
„So unser Herr Gott in diesem Leben – in das Scheißhaus – solche edlen Gaben gegeben hat wie die Musik, was wird in jenem ewigen Leben geschehen, ubi omnia erunt perfectissima et jucundissima [wo alles gänzlich vollkommen und voll Freude sein wird]?“
Am 30. Oktober sowie am 1. und 3. November 2017 ist die „Alte Musik“ im Kulturradio vom RBB ganz speziell dem Thema „Musik und Reformation“ gewidmet.
Montag, 30.10.17, 18.04 Uhr: Musik für Reformationsjubiläen in der Barockzeit
Mittwoch, 1.11.17, 20.04 Uhr: „Ein Geschenk Gottes“ – Luthers Musikbegriff
Freitag, 3.11.17, 18.04 Uhr: Das Echo der Reformation in der Musik
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