Vor 450 Jahren wurde in Cremona der Kapellmeister und Komponist Claudio Monteverdi geboren. An führender Stelle hat er um 1600 den tiefgreifenden Stilwandel von der Renaissance- zur Barockmusik mitgestaltet. Er schuf die ersten Opern, sorgte für eine ausdrucksstarke, konzertante Kirchenmusik und unterzog auch das ehrwürdige polyphone Madrigal einem radikalen Wandel. Oberste Priorität besaß für Monteverdi in allen Gattungen die musikalische Darstellung der Affekte, also der seelischen Befindlichkeiten, die aus dem vertonten Text sprechen.
Im Monteverdi-Jahr 2017 gab es jede Menge CD-Neuerscheinungen und -Wiederauflagen mit Monteverdi-Werken sowie eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Konzerten. Herausragend war sicher die Aufführung der drei Monteverdi-Opern durch John Eliot Gardiner und sein Ensemble. Aber auch viele andere, kleinere Konzerte werden in Erinnerung bleiben.
Hier meine persönlichen Top Five aus der riesigen Monteverdi-Diskographie
Eternal Monteverdi
Claudio Monteverdi, Vespermusik aus dem Druck „Messa a quattro voci e salmi concertati“ (1650), La Capella Ducale, Musica Fiata, Leitung: Roland Wilson, deutsche harmonia mundi, Erscheinungsjahr: 2017
Roland Wilson stellt auf seiner neuesten CD-Veröffentlichung Vesperpsalmen aus einem Sammeldruck dar, der sieben Jahre nach Monteverdis Tod in Venedig veröffentlicht wurde. Die Kompositionen sind jenen der berühmten Marienvesper oder der Sammlung „Selva morale e spirituale“ vollkommen ebenbürtig. La Capella Ducale und Musica Fiata interpretieren die nur wenig bekannten Stücke mit viel Spielfreude und vermitteln damit einen realistischen Eindruck von der prächtigen Kirchenmusikpraxis an San Marco unter der Ägide Monteverdis.
The Mirror of Claudio Monteverdi
Claudio Monteverdi, Missa in illo tempore, Madrigale von Nicola Vicentino, Cesare Tudino, Giaches de Wert und Luca Marenzio, Huelgas Ensemble, Leitung: Paul van Nevel, deutsche harmonia mundi, Erscheinungsjahr: 2016
Paul van Nevel stellt in den Mittelpunkt seiner CD-Einspielung zum Monteverdi-Jubiläum ganz programmatisch ein Werk, um das andere gern einen Bogen machen: die „Missa in illo tempore“. In der Interpretation des grandiosen Huelgas Ensembles erweist sich diese im alten, polyphonen Stil verfasste Messe jedoch als höchst innovativ und entstaubt. Angereichert werden die fünf Ordinariumssätze noch durch vier expressive Madrigale italienischer Komponisten des späten 16. Jahrhunderts.
Marienvesper
Claudio Monteverdi, Vespro della Beata Vergine, The Sixteen, Leitung: Harry Christophers, Coro, Erscheinungsjahr: 2014
Einspielungen der Marienvesper von Monteverdi gibt es viele, doch selten kann man solch eine beeindruckende Homogenität zwischen Vokal- und Instrumentalstimmen erleben wie in der Aufnahme des englischen Ensembles The Sixteen. Die Tempi werden nie übertrieben forciert, und dennoch klingt die Aufführung frisch, lebendig und prächtig.
Teatro d’Amore
Claudio Monteverdi, Madrigale, Opernszenen, Instrumentalstücke, Nuria Rial, Sopran, Philippe Jaroussky, Countertenor, L’Arpeggiata, Leitung: Christina Pluhar, Erato, Erscheinungsjahr: 2009
Fast schon ein Klassiker ist die erfrischende und exzellent musizierte Sicht des Ensembles L’Arpeggiata auf das Werk Claudio Monteverdis. Der unverwechselbare Sound dieser von Christina Pluhar geleiteten Gruppierung macht aus den Madrigalen und Opernszenen ganz großes „Teatro“. Und mit schmissigen „walking-bass“-Passagen sowie originellen improvisatorischen Einlagen wird Monteverdi zugleich noch als erster Jazzer geoutet. Mein Favorit: „Ohimè ch’io cado“ mit Philippe Jaroussky und dem Zinkenisten Doron Sherwin.
Monteverdi komplett
Claudio Monteverdi, L’Orfeo / Il ritorno d’Ulisse in patria / L’incoronazione di Poppea / Vespro della Beata Vergine / Madrigale, 12-CD-Box, Victor Torres, Gloria Banditelli, Adriana Fernandez, Furio Zanasi, Jean-Paul Fouchécourt, Guillemette Laurens, Maria Cristina Kiehr u.v.a.m., Coro Antonio Il Verso, Ensemble Elyma, Leitung: Gabriel Garrido, ACCENT, Erscheinungsjahre: 1996–2000, Wiederauflage: 2017
Die Wiederentdeckung des Jubiläumsjahres ist für mich der in den 90er Jahren produzierte Monteverdi-Zyklus von Gabriel Garrido. Der argentinische Musiker hatte damals die drei großen Opern Monteverdis, die Marienvesper sowie ausgewählte Madrigale aufgenommen und damit für einen Meilenstein der Monteverdi-Interpretation gesorgt. Auch heute, rund zwei Jahrzehnte später und nach dem Erscheinen vieler Parallelaufnahmen, haben diese Einspielungen nichts an ihrer packenden Qualität verloren. Vom ersten bis zum letzten Ton sind die Werke in Garridos Sichtweise von einer lebendigen Ausdruckskraft geprägt, wofür gleichermaßen das ensemble elyma und die außergewöhnlich homogene Sängerzusammensetzung stehen. Aus meiner Sicht bislang unerreicht ist die Gestaltung der Titelrolle im „L’Orfeo“ durch Victor Torres.
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