Im Jahre 1749 vertonte der preußische Hofcembalist Carl Philipp Emanuel Bach mit großem Aufwand den Magnificat-Text. Da am Berliner Hof keine Verwendung für eine solch umfangreiche liturgische Komposition bestand, wird von der Forschung allgemein angenommen, dass sich der junge Bach mit diesem Stück „inoffiziell“ für die Nachfolge seines Vaters im Amt des Leipziger Thomaskantors empfehlen wollte. Und tatsächlich lancierte Vater Bach Anfang 1750 die Erstaufführung dieser Komposition in der Thomaskirche zu Leipzig. Vor großem Publikum und vor allem vor den Ohren des Stadtrats konnte sich Carl Philipp Emanuel als Kandidat für das angesehene Amt präsentieren. Erfolg hatte er freilich damit nicht: Nach dem Tod Bachs setzte der sächsische Premierminister Graf Brühl seinen Lieblingsmusiker Gottlob Harrer als Nachfolger durch, und auch fünf Jahre später, als das Thomaskantorat erneut vakant war, blieb Carl Philipp Emanuels Bewerbung in Leipzig erfolglos.
Mit der Komposition dieses Magnificats lässt sich Emanuel auf einen Vergleich mit der Magnificat-Vertonung seines Vaters ein und setzt in der Tat auf Augenhöhe völlig neue Akzente. Der Kontrast zwischen den beiden Werken lässt sich nun auf dem neuesten Album der Gaechinger Cantorey nacherleben. Hans-Christoph Rademann und seine Musiker betonen bei Vater Bach den gesetzten und gelehrten Ton, während der Sohn als Sturm-und-Drang-Komponist mit frischen Tempi und empfindsamen Harmonien präsentiert wird und mit diesen Effekten auch als Sieger vom Platz geht. Möglich ist dies mit einer wiederum sehr konzentrierten und affektreichen Darbietung durch die Vokalsolisten, den Chor und das Orchester. Hervorzuheben ist der Tenor Patrick Grahl, der die von Carl Philipp Emanuel Bach geforderten Höchstleistungen hervorragend umsetzt.
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