Telemanns Markuspassion 1759

Beeindruckende späte Telemann-Passion mit Hermann Max

Diese Tradition war ihm heilig: In seinen 46 Dienstjahren als Hamburger Musikdirektor komponierte Georg Philipp Telemann ebensoviele Passionsvertonungen, die jeweils am Karfreitag aufgeführt wurden. Jährlich wechselten sowohl der Evangelist als auch die reflektierenden Texte, die unterschiedliche Dichter dem hoch angesehenen Komponisten lieferten. Rund die Hälfte der Werke ist erhalten geblieben und spiegelt eine enorme Vielfalt in der musikalischen Umsetzung des Passionsgeschehens wider.

Auch im Alter von fast 80 Jahren ließ sich Telemann nicht lumpen und komponierte zum Karfreitag des Jahres 1759 eine neue Passionsvertonung. Diesmal lag der Evangelienbericht nach Markus zugrunde, ein uns nicht bekannter Dichter stellte dazu sehr umsichtig betrachtende Arientexte und Choräle zusammen. Telemann hat die Texte einmal mehr ungemein plastisch und dramatisch umgesetzt, besonders die Accompagnati und Arien. Bemerkenswert ist dabei auch der Schluss des Werkes: Nach dem Bericht über den Tod Jesu stimmen Solisten und Chor mehrere jubelnde Lieder an, dabei zitiert Telemann im Orchester das Weihnachtslied „Lobt Gott ihr Christen alle gleich“, um damit gewissermaßen die Vollendung der Heilsgeschichte (von der Geburt zur Auferstehung) anzuzeigen. 

Hermann Max beschäftigt sich seit weit mehr als 30 Jahren intensiv mit dem Werk von Telemann, hat eine Vielzahl Erstaufnahmen vorgelegt und bereits 1998 den Telemann-Preis erhalten. Auch diese neueste Einspielung der Markus-Passion 1759 zeugt von seiner tiefen Telemann-Erfahrung. Die Instrumentalfarben sind fein abschattiert, die dramatischen Kontraste hervorragend herausgearbeitet, die Tempi immer spannungsvoll. Die Rheinische Kantorei und das Kleine Konzert sind bestens aufeinander abgestimmt und agieren als harmonische Einheit. Im ebenfalls sehr gut besetzten Solistenquintett ragt Georg Poplutz mit wunderbar klarer und  wortverständlicher Stimme als Evangelist und Sänger der Tenorarien hervor. Fazit: Wieder eine überzeugende Alternative zu den Bach-Passionen in einer anrührenden Interpretation.