Matthäus-Passion

Neue Maßstäbe – die Einspielung der Matthäus-Passion von J. S. Bach mit der Gaechinger Cantorey

Ob dieses Aufnahmeprojekt zu einem erfolgreichen Abschluss kommen würde, stand buchstäblich erst nach dem letzten Ton fest. Im November 2020, als öffentliche Konzerte gerade wieder untersagt wurden, machte sich die Gaechinger Cantorey an eine Neueinspielung der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach. Alle Mitwirkenden wurden regelmäßig getestet und mussten mit Mindestabständen auf der großen Bühne des Forums Ludwigsburg singen und spielen. Höchste Anforderungen also für Künstler und Tonmeister auch über die komplexe Partitur hinaus.

Die außergewöhnlichen Aufnahmebedingungen hört man dieser Matthäus-Passion nicht an. Im Gegenteil: Diese Produktion ist von einer faszinierender Klarheit und Ausdruckskraft und hat damit das Zeug zu einer neuen Referenzaufnahme. Mit der Erfahrung der Schütz-Gesamteinspielung und jahrezehntelanger Beschäftigung mit Bachs Passionen richtet Hans-Christoph Rademann seine Interpretation ganz vom Wort her aus. Dramatisch und zugleich unmittelbar mitfühlend wird die Geschichte um Jesu Leiden und Sterben erzählt.

Alle Positionen – und das sind in der Matthäus-Passion sehr viele – konnten hier erstklassig besetzt werden. Das beginnt mit dem Tenor Patrick Grahl, der in hervorragender Weise die Evangelisten-Partie deklamiert – mit leuchtender, reiner Stimme und ohne vordergründige Effekte. Diesem jungen Sänger steht für die Jesus-Worte ein Routinier zur Seite: Peter Harvey mit seinem warmen, ausdrucksstarken Organ. Aber auch die anderen Vokalsolisten – Isabel Schicketanz, Marie Henriette Reinhold, Benedikt Kristjansson und Krešimir Stražanac – verdienen sich hier Bestnoten und singen nicht nur technisch auf höchsten Niveau, sondern auch mit hervorragender Textverständlichkeit. Das gleiche gilt für den Chor, der durchweg eine starke Präsenz zeigt und immer absolut intonationssicher agiert, sowohl in den dramatischen Turbae-Chören als auch in den vielen Chorälen. – Hier erlaubt sich übrigens Hans-Christoph Rademann auch einen ganz besonderen Klangeffekt, indem er den letzten Choral – „Wenn ich einmal soll scheiden“ – von seinem Chor rein a cappella, ohne jegliche Instrumentalbegleitung singen lässt. Das Orchester, bzw. die beiden Orchester, glänzen in vielen Farben und haben wiederum beste Solisten in ihren Reihen, etwa an der Violine, der Gambe oder der Oboe. – Fazit: wärmste Empfehlung!