
Selten gab es auf dem klassischen Tonträgermarkt ein solch ehrgeiziges Langzeitprojekt. 2014 begann mit „Haydn2032“ der lange Weg einer Gesamteinspielung aller 107 Sinfonien von Joseph Haydn auf historischen Instrumenten. Produziert und finanziert wird das Projekt von der Joseph Haydn Stiftung Basel, die künstlerische Leitung hat Giovanni Antonini, der dabei abwechselnd Il Giardino Armonico und das Kammerorchester Basel dirigiert. Bis zum 300. Geburtstag des Komponisten 2032 sollen in reichlich 30 CDs alle Sinfonien eingespielt sein.
Man könnte ja denken, Gesamteinspielungen der Sinfonien Joseph Haydns gäbe es wie Sand am Meer. Aber Fehlanzeige: Einige wenige Dirigenten haben das überhaupt durchgehalten (z. B. Antal Dorati und Adam Fischer), die meisten Komplettvorhaben dagegen wurden vorzeitig abgebrochen. Auch mit historischen Instrumenten gab es mehrere Anläufe (unter Christopher Hogwood sowie unter Roy Goodman), vollständig gelang das aber noch nie. Bei all den Erkenntnissen, die es inzwischen über Aufführungspraxis und Instrumentarium der Haydn-Zeit gibt, ist das Projekt Haydn2032 also mehr als notwendig, denn – das zeigt sich beim genussvollen Durchhören schon der ersten sechs Folgen – jede Haydn-Sinfonie hat es in sich.
Giovanni Antonini hat die Anordnung der 107 Sinfonien nicht etwa chronologisch vorgenommen, sondern geht das Projekt thematisch an. Jede CD-Aufnahme ist mit einem Motto überschrieben, unter dem sich die Sinfonien mehr oder weniger schlüssig zusammenfassen lassen. Folge 6 heißt „Lamentatione“, das bezieht sich auf die gleichnamige Sinfonie Nr. 26, in der Haydn kunstvoll liturgische Melodien der Karwoche zitiert und verarbeitet. Ganz Ähnliches passiert in der Sinfonie Nr. 30, wo das österliche „Alleluia“ zu hören ist, hinzu kommen dann auf der CD noch eine sehr frühe (Nr. 3) und eine spätere Sinfonie (Nr. 79).
Das Kammerorchester Basel legt hiermit nach vol. 5 seinen zweiten Beitrag zum Gesamtprojekt vor. Unter Giovanni Antoninis Leitung spielen die Musiker mit großer Perfektion und beeindruckender Transparenz. Wie beispielsweise im langsamen Satz der „Lamentatione“-Sinfonie die gregorianischen Melodien in Oboe und Violine II hervorgehoben werden, ist ein großartiger Effekt. Aber auch die spritzigen Schlusssätze in den Sinfonien 3 und 79 hören sich federleicht und lebendig an, oftmals gelingen prächtige dynamische Kontraste, und auch der Haydnsche Humor blitzt immer wieder durch.
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