Mit dem heute allgemein üblichen Repertoire für Barockensembles gibt sich der italienische Gambist Vittorio Ghielmi nicht zufrieden. Er beklagt eine zu starke Kategorisierung, Kanonisierung und Intellektualisierung der gespielten Musik und vermisst komplett den für ihn lebenswichtigen Kontakt zur folkloristischen Tradition. Auf seiner neuesten CD stellt Ghielmi gemeinsam mit den Musikern seines Il Suonar Parlante Orchestra einen neuen Weg vor, die europäischer Barockmusik mit ihren folkloristischen Ursprüngen zu verbinden.
Gemeinsam mit Musikerfreunden aus Osteuropa machte sich Vittorio Ghielmi im rumänischen Siebenbürgen auf die Suche nach authentischen Roma-Melodien des 18. Jahrhunderts und wurde in verschiedenen Handschriften fündig. Das musikalische Material – oft nur einfache Melodien ohne Angaben zu irgendeiner Aufführungspraxis – nahm er dann als Ausgangspunkt für seine Bearbeitungen. Dabei gingen er und seine Kollegen Stanislav Palùch sowie Marcel Comendant in unterschiedlichen Methoden vor: Sie versuchten sich zum einen in möglichst getreuen musikalischen Rekonstruktionen und setzten zum anderen die aufgefundenen Themen in neue musikalische Zusammenhänge. Als dritte Methode suchten die Suonar-Parlante-Musiker nach Überresten der Folklore in Werken von Telemann, Vivaldi, Benda, Tartini und anderen und führten diese mit Improvisation und Arrangements auf ihre Ursprünge zurück.
Das klangliche Ergebnis dieses „Gypsy Baroque“ ist bunt, variantenreich und von höchster Qualität. Dabei räumt naturgemäß das Cymbalom (gespielt von Marcel Comendant) mit seinem dominanten und folkloristisch anmutenden Klang am meisten ab. Aber auch Stanislav Palùch (Violine), Dorothee Oberlinger (Blockflöte) und Vittorio Ghielmi selbst an der Gambe setzen mit höchster Virtuosität und gewaltiger Spielfreude wirkungsvolle Akzente. Und trotz aller exotisch anmutender Klänge erhält man beim Hören stets den Eindruck einer großen Seriosität jenseits billiger Effekthascherei.
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