
In der Mitte des 18. Jahrhunderts, am Übergang zwischen Barock und Klassik, bildete sich in Frankreich für kurze Zeit eine ganz eigene Gattung heraus: Die Sonate für Cembalo und begleitende Violine. Schon der Name macht deutlich, dass hier das Tasteninstrument den Ton angibt, und tatsächlich handelt es sich um obligate und sehr virtuose Cembalopartien, die sich längst von der einfachen Generalbasspraxis verabschiedet haben. Die Violine ist zunächst dazu da, die Oberstimme des Cembalos zu verstärken, was zu einer sehr reizvollen zusätzlichen Farbe führt und zugleich klangliche Defizite in der hohen Lage des Tasteninstruments kompensiert. Der Geiger Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville brachte 1734 eine erste derarte Sammlung heraus und fand in den folgenden rund drei Jahrzehnten zahlreiche Nachahmer.
Der in Paris lebende Geiger Johannes Pramsohler hat sich gemeinsam mit seinem Cembalisten Philippe Grisvard dieses französische Repertoire genau vorgenommen und aus den vielen Veröffentlichungen eine sehr abwechslungsreiche Programmfolge mit Sonaten und Suitensätzen von insgesamt sieben Komponisten zusammengestellt. Dabei handelt es sich um ebenso unbekannte wie höchst anspruchsvolle Werke. Der Cembalopart ist mit zahlreichen Schwierigkeiten gespickt, zumal wenn die Autoren ausgewiesene Spitzencembalisten wie Luc Marchand oder Jacques Duphly waren. Aber auch die Violinstimme entspricht höchsten Ansprüchen, denn ihre Begleitfunktion beschränkt sich keineswegs auf die Verdopplung einer Cembalomelodie, sondern schließt häufig kurze, zerklüftete Zwischenspielchen mit Doppelgriffen und Läufen ein.
All diese Herausforderungen meistern Pramsohler und Grisvard scheinbar spielend. Mit dem Gefühl für die richtige musikalische Spannung und großen virtuosen Fähigkeiten entwickeln die beiden über mehr als zwei Stunden hinweg einen fantastischen Klangzauber. Wieder einmal ist die geigerische Intonation makellos und das Zusammenspiel perfekt. Und nicht nur das: Etwa die Hälfte der Stücke wurden erstmals eingespielt. Johannes Pramsohler und Philippe Grisvard haben also nicht weniger als eine klingende Enzyklopädie vorgelegt.
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