In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte sich Johann Sebastian Bach mit dem Projekt einer umfangreichen Sammlung von Fugen (hier „Contrapunctus“ genannt) und Kanons unter dem Titel „Die Kunst der Fuge“. Eine erste Fassung vollendete er im Jahre 1742, unterzog sie jedoch in der Folgezeit mehreren Überarbeitungen. Die Erstveröffentlichung erfolgte 1751, ein Jahr nach dem Tod des Thomaskantors. Die Außergewöhnlichkeit der Fugen-Sammlung besteht darin, dass sämtliche darin enthaltenen Stücke auf demselben Grundthema basieren. In der Gesamtkonzeption ergibt sich die einzigartige Kombination aus einem Lehrwerk und eigenen kompositorischen Experimenten. Das Hauptthema in d-Moll wird nach allen Regeln kontrapunktischer Kunst verarbeitet und dabei vergrößert, verkleinert, umgekehrt, gespiegelt sowie mit neuen Motiven konfrontiert.
Sowohl in der Erstfassung von 1742 als auch im Druck von 1751 finden sich keine Hinweise zur gewünschten Besetzung der einzelnen Stimmen. Bach schrieb die Werke in Partiturform mit (meist) vier Notensystemen nieder. Dies lässt die Vermutung zu, das gesamte Werk sei nur für kontrapunktische Studien und nicht für die praktische Ausführung vorgesehen gewesen. Andererseits sind dem Interpreten durch die fehlenden Besetzungsangaben alle Freiheiten überlassen, die kontrapunktischen Strukturen adäquat musikalisch umzusetzen. So existieren tatsächlich die unterschiedlichsten Besetzungsversionen von Klavier, Orgel oder zwei Cembali über verschiedenste Streicher- oder Bläserensembles bis hin zum großen Sinfonieorchester
Der Dresdner Frauenkirchen-Organist Samuel Kummer hat in den letzten beiden Jahrzehnten viel Zeit mit Bachs „Kunst der Fuge“ verbracht und seine persönliche Orgelfassung immer wieder überarbeitet. Nun war es Zeit für eine Aufnahme, wobei er sich für ein Instrument entschieden hat, das passender nicht sein könnte: Die Orgel von Zacharias Hildebrandt in der Naumburger Wenzelskirche wurde 1746 fertiggestellt und von Bach (der zu dieser Zeit die „Kunst der Fuge“ auf dem Schreibtisch liegen hatte) in höchsten Tönen gelobt. Samuel Kummer bedient sich in den einzelnen Contrapunctus und Canones mit großem Vergnügen an der schier unendlichen Auswahl von Klangfarben. Man hört einzelne Register (z.B. die kernige Octave 8‘ in Contrapunctus 1 oder dier schwebende Unda maris in Contrapunctus 5), herrliche Kombinationen (etwa mit Zungenstimmen im Contrapunktus 6), aber auch das Plenum (Fuga a 3 soggetti). Trotz der halligen Verhältnisse im Kirchenraum ist die Aufnahme immer strukturell hervorragend durchhörbar. Samuel Kummer spielt virtuos, mitreißend, überlegt – er ist immer Herr über das Stück (bei Stimmkreuzungen auch mal mit einer Hand auf zwei Manuelen gleichzeitig).
Die letzte Fuge („a 3 soggetti“) ist im Druck von 1751 nur fragmentarisch überliefert, was einerseits zu Diskussionen, andererseits zu den verschiedensten Schlusslösungen führt. Samuel Kummer hat der dreithemigen Fuge einen überzeugenden, kurzen Schluss hinzukomponiert, wobei er das Hauptthema als viertes Motiv präsentiert. Das überzeugt musikalisch, rüttelt nicht an Bachs Autorität und verleiht der Aufnahme einen triumphalen Schluss. Wer die Fuge aber doch lieber fragmentarisch hören möchte, kann auch das haben, ergänzt dann durch den im Druck von 1751 angefügten Choral „Wenn wir in höchsten Nöthen“.
Und hier die Hörfunk-Rezension "Neue Aufnahmen" auf rbbKultur vom 5. August 2021.
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