Die Barockzeit kannte selbstverständlich noch keinen Urheberrechtsschutz für Kompositionen. Ganz im Gegenteil galt es als eine besondere Form der Wertschätzung, wenn Komponisten die Werke ihrer noch lebenden oder bereits verstorbenen Kollegen in neuen Bearbeitungen herausbrachten. Solche „Coverfassungen“ schuf neben Francesco Geminiani (nach Arcangelo Corelli) und Johann Sebastian Bach (nach Antonio Vivaldi) auch der englische Komponist Charles Avison. Er formte die Mitte des 18. Jahrhunderts überaus populären Cembalosonaten von Domenico Scarlatti kurzerhand zu Concerti grossi für Streicher um.
Vor gerade einmal fünf Jahren hat der spanische Cembalist Ignacio Prego mit einigen befreundeten Musikern das Ensemble Tiento nuovo gegründet. Für das Debüt-Album dieses kleinen Streicherensembles wählte er vier von zwölf dieser Concerti grossi nach Scarlatti aus. Tiento nuovo spielt sehr engagiert und virtuos, fügt viele Verzierungen ein und macht den Gegensatz zwischen Concertino- und Tutti-Besetzung immer wieder sehr deutlich. Durch Tempowahl und überzeugende Kontraste schafft es Tiento nuovo, die eigentlich sehr cembalogemäßen Vorbilder zu vollgültigen Streicherwerken umzuwandeln. Zuweilen wirkt der Streicherklang allerdings leicht übermotiviert schroff.
Zwischen den Concerti grossi kann man auf dem Album noch vier originale Scarlatti-Sonaten hören. Es spielt Ensembleleiter Ignacio Prego auf einem recht hallig klingenden Cembalo. Nur eine dieser Sonaten findet sich auch bei Avison in den Concerti grossi wieder, was etwas schade ist, denn gerade der Vergleich Original-Bearbeitung ist bei diesen Stücken sehr aufschlussreich.
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