Sein Gambenwerk ist schon rein quantitativ rekordverdächtig: Marin Marais hat rund 600 Kompositionen für Viola da gamba hinterlassen und war als königlicher Gambist unter Ludwig XIV. einer der aktivsten Musiker des französischen Hofes. Heute ist sein monumentales Werk wieder sehr präsent und wird häufig aufgeführt. Der italienische Gambist Vittorio Ghielmi gibt sich damit allein jedoch nicht zufrieden und hat gemeinsam mit dem Salzburger Musikwissenschaftler Christoph Urbanetz intensive Quellenforschungen zur Aufführungspraxis von Marais-Werken vorgenommen.
Veröffentlicht hat Marais die meisten seiner Gambenwerke in fünf umfangreichen Drucken. Wesentlich interessanter aber sind für Vittorio Ghielmi die bislang kaum bekannten handschriflich überlieferten Kompositionen von Marais (überwiegend Manuskripte aus seinem Schülerkreis), die eine Menge detaillierte Angaben zur Spielweise aufweisen. Durch die Entschlüsselung dieser Abkürzungen wird deutlich, dass Marais ein komplexes System der musikalischen Wiedergabe seiner Werke entworfen hat. Manchmal gibt es sogar fünf oder sechs Angaben pro Note, Marais wollte also hier ganz genau den Ablauf des Spiels beschreiben. In akribischer Arbeit hat Vittorio Ghielmi nun versucht, diese Vorstellungen des Komponisten auf seine Interpretation zu übertragen.
Das Ergebnis ist erstaunlich: Viele der Marais-Stücke wirken in Vittorio Ghielmis Version ganz anders: Durch die differenzierten Bogentechniken, Artikulationen und Griffweisen nimmt man Rhythmen neu war, vieles klingt frischer, lebendiger und „swingender“. Aber auch derKlassiker „Les Voix Humaines“ bekommt einen neuen Anstrich, hier ist noch mehr der verinnerlichte Charakter des Stückes zu hören. All dies erreicht Vittorio Ghielmi als Solist mit einer makellosen Intonation und extrem ausgefeilter Technik. Als idealer Continuopartner steht ihm dabei der Lautenist Luca Pianca zur Seite. In einigen Stücken werden die aufführungspraktischen Erkenntnisse auf die volle Orchesterbesetzung bezogen. Das Il Suonar Parlante Orchestra folgt dabei mit großer Leidenschaft und Perfektion den Vorgaben seines Gründers und Leiters. Dieser Marais-Sound begeistert!
Interpretationen - Palestrinas „Missa Papae Marcelli“
06. Juli 2025 15:05 - 06. Juli 2025 17:00
Deutschlandfunk Kultur
Giovanni Pierluigi da Palestrina – geboren vor 500 Jahren – war bereits zu Lebzeiten die überragende Autorität in Sachen Sakralmusik. Als Kapellmeister an verschiedenen römischen Kirchen und Komponist für die Päpstliche Kapelle schuf er eine Vielzahl von Messen und Motetten für den liturgischen Gebrauch. Über Abschriften und Drucke wurde diese Musik in ganz Europa bekannt und beliebt. Bis heute reißt die Faszination an dieser klaren, kontrapunktisch bestimmten Vokalmusik nicht ab und reizt Chöre und Soloensembles zu immer neuen Interpretationen. Besonders häufig wurde in den vergangenen Jahrzehnten Palestrinas „Missa Papae Marcelli“ eingespielt, ein Werk, von dem der Komponist selbst behauptete, es sei in einer „neuen Weise“ komponiert worden.
Gast: Ludwig Böhme, Leiter des Windsbacher Knabenchors... Weitere Termine zeigenWeniger zeigen