Fürst – Mäzen – musikalischer Dilletant – expressiver Komponist – Doppelmörder: Diese Schlagworte umreißen eine der schillernsten Musikerpersönlichkeiten des ausgehenden 16. Jahrhunderts: Don Carlo Gesualdo, den Fürsten von Venosa. Sein Lebenslauf ist für einen Adligen jener Zeit vollkommen unüblich, gab er sich doch weit über Gebühr den Künsten hin und schuf Kompositionen in einem ebenso einzigartigen wie anachronistischen Stil. Während sich die musikalische Welt in der Zeit um 1600 mitten im Epochenwandel befand, hielt sich der Fürst von Venosa noch an den alten, polyphonen Stil, lotete dessen Regeln allerdings bis an die äußersten Grenzen aus. Wie an seinen Madrigalen, besonders in den späten Büchern 5 und 6, zu erkennen ist, kam er damit hinsichtlich Expressivität, Wortausdeutung und Affektenreichtum den Prinzipien des neuen, barocken Stils sehr nahe. Eine außergewöhnliche Harmonik, überraschende Tonarten- und Modiwechsel sowie die feinste Beachtung der poetischen Vorlage führen zu einem unverwechselbaren Ausdruck.
Seit nunmehr 51 Jahren (!) leitet Philippe Herreweghe das von ihm gegründete Collegium Vocale Gent. Bei aller Repertoireausweitung bis hinein in das 20. Jahrhundert war für ihn die Vokalpolyphonie der Renaissance immer eine Art „Kerngeschäft“. Speziell mit Gesualdo hat sich das Collegium Vocale regelmäßig beschäftigt, etliche seiner Werksammlungen sind bereits maßstabsetzend eingespielt worden. Nun ist auch das 5. Madrigalbuch (1611) aufgenommen worden und wiederum erreicht das Ensemble eine staunenswerte Vokalqualität. Sechs Sänger hat sich Herreweghe für diese Aufnahme handverlesen, deren Stimmen sich auf ideale Weise ergänzen. Die bei Gesualdo stets textbezogenen Kontraste werden mit größtmöglicher Expressivität dargeboten und dynamische Gegensätze vom „Schreien“ bis zum fast unhörbaren Pianissimo ausgekostet. Bei all den vokalen Höchstschwierigkeiten und zum Teil gehörigen Tempi bewahrt das Collegium Vocale durchgehend eine unerschütterlich klare Intonation. Besser, eindrucksvoller und berührender ist diese außergewöhnliche Musik von Gesualdo kaum vorstellbar.
Schrammek und Käther - die besten Kompositionsfragmente
10. Mai 2024 18:00 - 10. Mai 2024 20:00
rbbKulturMasurenallee 8-14Berlin,14057 Karte
Nicht jedes Meisterwerk muss „vollendet“ sein! Tatsächlich existieren eine Menge aufregende Kompositionen, die nicht zu Ende geführt wurden. Und nicht immer ist der Tod daran Schuld, dass wir nur Teile eines Werks besitzen. Einige solcher illustren Fragmente sind geheimnisumwoben: War es Lustlosigkeit, Sinneswandel oder gar Verzweiflung, die den Verfasser seine Arbeit abbrechen ließ? Angesichts der schieren Menge faszinierenden Materials räumen Bernhard Schrammek & Matthias Käther gerne ein: Ihre Liste von 10 „Best-of“-Kandidaten ist mit Sicherheit nur fragmentarisch.... Weitere Termine zeigenWeniger zeigen