Was wäre wenn – das ist immer wieder ein beliebtes Gedankenspiel: 1723 hatte Christoph Graupner bereits die feste Zusage des Leipziger Stadtrats in der Tasche, neuer Thomaskantor zu werden. Was wäre geschehen, wenn sein Vorgesetzter, der Darmstädter Landgraf, ihn hätte ziehen lassen? Hätten wir dann in Leipzig jährlich ein Graupner-Fest und kein Bach-Fest? Es kam anders, Graupner musste in Darmstadt bleiben, seine fantastische Musik steht bis heute immer im Schatten Bachs und wird viel zu schleppend erschlossen. Die Sopranistin Miriam Feuersinger und der Countertenor Franz Vitzthum haben jetzt gemeinsam mit dem Capricornus Consort Basel vier Kantaten von Graupner eingespielt.
Wie bereits bei früheren Projekten des Capricornus Consorts Basel (darunter 2014 auch schon eine Graupner-CD mit Miriam Feuersinger) geht auch diesmal höchste künstlerische Qualität mit einer klugen Werkauswahl einher. Die vier Duo-Kantaten weisen eine Vielzahl von Satzmodellen auf, darunter trockene und Accompagnato-Rezitative, Choralbearbeitungen, kontrapunktisch angelegte Duette, aber auch recht galante Arien. Das Capricornus Consort Basel ergänzt zu jeder Kantate ein kurzes, passendes Instrumentalstück von Graupner, das in der Art einer Sinfonia wirkungsvoll auf das erste Gesangsstück hinführt. Das ist alles fantastische Musik mit anspruchsvollen Gesangspartien und Instrumentalsoli, mit großartigen Spannungsbögen und keinerlei kompositorischen Schwachpunkten.
Dass diese Graupner-Aufnahme vom ersten bis zum letzten Ton so sehr berührt, liegt aber nicht nur an der genialen Vorlage, sondern gleichermaßen an den Interpreten, die diese Musik in kaum zu übertreffender Weise eingespielt haben. Miriam Feuersingers wunderbar reiner und leuchtender Sopran ist ebenso beeindruckend wie die wohlgeformte, angenehme Stimme von Franz Vitzthum. Beide sind gleichermaßen koloratur- wie intonationssicher, so dass die vielen Duette in vollendeter Perfektion zu hören sind. Hinzu kommt das gerade wieder preisgekrönte Capricornus Consort Basel, das in solistischer Besetzung brilliert, und trotz der exponierten Soli (Peter Barczi, Eva Borhi) nie der Versuchung verfällt, vordergründige Virtuosität aufzutischen. Und am Ende steht wieder der große Wunsch: Mehr Graupner, und möglichst in dieser Idealbesetzung!
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