Alte Musik – Die CDs des Jahres 2019

Auch 2019 gab es wieder eine kaum zu überblickende Vielfalt an neuen CD-Einspielungen mit Alter Musik. Hier die schon traditionelle Top-Ten-Liste.

Ob vielgespielte Werke oder völlig Unbekanntes: An Neuerscheinungen mit Alter Musik gab es auch 2019 keinen Mangel. Hunderte CDs sind auf den Markt gekommen, mit etablierten Ensembles und Solisten, aber auch mit interessanten Debüts. Am 30. Dezember 2019 um 18.04 Uhr gibt es auf rbbKultur einen Rückblick auf die originellsten und gelungensten CD-Produktionen, die im Bereich der Alten Musik in den vergangenen zwölf Monaten veröffentlicht wurden. Schon vorab aber kommt hier die Liste meiner Top Ten der Alten Musik. Die hier gewählte Reihenfolge stellt keine Gewichtung da. Alle aufgeführten CDs kann ich wärmstens empfehlen. Und natürlich könnten hier auch fünfmal so viele Aufnahmen stehen…

Viel Freude beim Hören!

Leipziger Disputation: Antoine Brumel, Missa „Et ecce terrae motus“ u. a.

amarcord, Calmus Ensemble. Carus 83.497

Vor 500 Jahren, im Sommer 1519, fand die „Leipziger Disputation“ zwischen Martin Luther und Johannes Eck statt. Anlässlich dieses Ereignisses führten die Thomaner damals eine feierliche zwölfstimmige Messe auf, bei der es sich vermutlich um Antoine Brumels Missa „Et ecce terrae motus“ handelte. Die preisgerkrönten Leipziger Vokalensembles amarcord und Calmus stellen dieses grandiose Musikspektakel zum Jubiläum nach.

 

Johann Sebastian Bach: Konzerte für Orgel und Streicher

Les Muffatti, Bart Jacobs (Orgel). Ramée RAM 1804

Manch ein Organist beklagt sich darüber, dass Bach keine Konzerte für Orgel und Orchester komponiert hat. Der belgische Organist Bart Jacobs hat nun für Abhilfe gesorgt und mehrere solche Konzerte rekonstruiert und sie mit dem Ensemble Les Muffatti eingespielt. Das Ergebnis ist ein barockes Klangfest mit bekannten Werken in frischer, neuer Form.

 

Antonio Vivaldi: Konzerte und Arien

Jupiter, Lea Desandre (Sopran), Thomas Dunford (Leitung). Alpha 550

Erst vor einem Jahr hat Thomas Dunford das Ensemble Jupiter begründet. Die Mitglieder dieser Truppe sind handverlesen und repräsentieren eindrucksvoll eine bestens ausgebildete, junge und kreative Musikergeneration. Auf ihrem Vivaldi-Album knistert es vor Spannung. In den Instrumentalkonzerten und Arien ist dank des engagierten Musizierens die ganze Bandbreite der barocken Affekte zu vernehmen.

 

Circle Line: Werke von Guillaume Dufay, Philip Glass, Steve Reich u. a.

Lautten Compagney Berlin, Wolfgang Katschner (Leitung). dhm 19075943102

Renaissancemusik und Minimal music: Geht das zusammen? Mit der Lautten Compagney schon. Die Musiker um Wolfgang Katschner präsentieren eine kreative und bislang ungehörte Mischung zwischen zwei revolutionären Ideen der Musikgeschichte, die 500 Jahre auseinanderliegen. Ein Album für Entdecker und Genießer mit dem unverwechselbaren Sound der Lautten Compagney.

 

Schütz-Gesamteinspielung

Dresdner Kammerchor, Solisten und Instrumentalisten, Hans-Christoph Rademann (Leitung). Carus

Es war eines der ehrgeizigsten Projekte der Alten Musik in den letzten Jahren: Der Dresdner Kammerchor sowie zahlreiche Vokal- und Instrumentalsolisten haben unter Leitung von Hans-Christoph Rademann sämtliche Kompositionen von Heinrich Schütz eingespielt. Auf 20 CDs kann man nun den vielen Madrigalen, Motetten und geistlichen Konzerten in voller Länge und Schönheit lauschen.

 

Mr Handel’s Dinner: Sonaten, Concerti und Chaconnes von Georg Friedrich Händel, Francesco Geminiani, William Babell und Gottfried Finger

La Cetra Barockorchester Basel, Maurice Steger (Blockflöten und Leitung). Harmonia mundi France HMM 902607

Maurice Steger hat auf dieser CD eine sehr originelle Werkauswahl vorgenommen, die Georg Friedrich Händel im Lichte seiner Londoner Zeitgenossen Francesco Geminiani, Gottfried Finger und William Babell zeigt. Das klangliche Ergebnis dieses „Dinners“ ist faszinierend vielseitig: Muntere Tanzsätze wechseln mit harmonisch reichen Chaconnes, aber auch mit manch melancholischer Passage.

 

Triumvirat: Werke für Viola da gamba und Basso continuo von Johann Schenck, August Kühnel und Conrad Höffler

Ensemble Art d’Echo, Juliane Laake (Viola da gamba). Querstand VKJK 1815

Drei deutsche Hofmusiker des 17. Jahrhunderts werden auf dieser CD zusammengeführt: Johann Schenck (Düsseldorf), Conrad Höffler (Bayreuth, Ansbach und Weißenfels) sowie August Kühnel (Zeitz, Dresden und Kassel). Man hört nicht nur weitgehend unbekannte Stücke, sondern entdeckt in den vielen Sonaten- und Suitensätzen große Kostbarkeiten – wie immer perfekt gespielt von der Gambistin Juliane Laake und ihrem Ensemble Art d’Echo.

 

Routes du Café: Werke von Nicolas Bernier, Marin Marais, Matthew Locke, Johann Sebastian Bach sowie orientalische Musik und Improvisationen

Ensemble Masques, Hana Blažikova (Sopran), Reinoud van Mechelen (Tenor), Olivier Fortin (Leitung). Alpha 543

Mit großer Liebe zum Detail hat Olivier Fortin die „Wege des Kaffees“ im 17. und 18. Jahrhundert musikalisch nachgestellt. Zu hören sind zwei Kaffeekantanten (Bernier, Bach), aber auch orientalische Kompositionen und Improvisationen. Diese stilistische Konfrontation ergibt faszinierende musikalische Zusammenhänge. Das Ensemble Masques musiziert auf höchstem Niveau, hinzu kommt die bestens aufgelegte Sopranistin Hana Blažikova.

 

Johann Sebastian Bach: Violinkonzerte, Orchestersuite Nr. 2, Sinfonien

Akademie für Alte Musik Berlin, Isabelle Faust (Violine). Harmonia mundi France HMM 902335.36

Als wäre es eine Erstaufnahme dieser bekannten Werke von Johann Sebastian Bach! So frisch, elegant und transparent hat man Bachs Violinkonzerte selten gehört, wie in dieser Einspielung mit Isabelle Faust und Akamus. Hervorragend auch die weiteren Solisten aus dem Kreis des Orchesters: Bernhard Forck, Xenia Löffler, Jan Freiheit und Raphael Alpermann. Sehr angenehm ist die Kontrastierung der Konzerte durch Sinfonien aus verschiedenen Bach-Kantaten.  

 

Die Oboe in Dresden: Werke von Antonio Vivaldi, Johann Friedrich Fasch, Georg Philipp Telemann, Giovanni Benedetto Piatti, Johann Adolf Hasse, Gottfried Heinrich Stölzel u. a.

Xenia Löffler (Oboe), Daniel Deuter (Violine), Václav Luks (Horn), Michaela Hasselt (Cembalo) u. a. ACCENT ACC 24361

Für ihr neuestes CD-Projekt hat die Oboistin Xenia Löffler Kammermusik aus dem Repertoire der legendären Dresdner Hofkapelle ausgewählt. An ihrer Seite musizieren sieben hervorragende Solisten, darunter der Geiger Daniel Deuter, die Cembalistin Michaela Hasselt und – als besondere Überraschung – Václav Luks als Hornist. Präzision, Spielfreude und ein fein durchgearbeiteter musikalischer Ausdruck sorgen für ein abwechslungsreiches Hörvergnügen.